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Christian Katz, CEO Swiss Exchange über die Folgen der Minder-Initiative. Dienstag, 22. Januar 2013 - 05:31

«Die Minder-Initiative zielt nur auf börsenkotierte Unternehmen – das macht wenig Sinn.»

Christian Katz, CEO Swiss Exchange über die Folgen der Minder-Initiative.

Am 3. März 2013 stimmt das Schweizer Volk über die Eidgenössiche Volksinitiative gegen die Abzockerei ab. Welche Auswirkungen eine Annahme der Initiative auf die Schweizer Börse hätte, erläutert Christian Katz, CEO Swiss Exchange im Interview.

Die sogenannte Abzocker-Initiative oder Minder-Initiative (benannt nach ihrem Initianten und dem heutigen Ständerat Thomas Minder) sieht 24 Verfassungsbestimmungen vor, um unter anderem Boni und Gehälter von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung bei kotierten Schweizer Unternehmen zu beschränken. Bundesrat und Parlament stellen der Minder-Initiative einen indirekten Gegenvorschlag gegenüber, der einerseits die Kernanliegen der Initiative im Vergütungsbereich aufnimmt, andererseits auf breiterer Basis Verbesserungen in der Corporate Governance im Rahmen weiterer Bestimmungen vorsieht.

Bei einem «Nein» zur Minder-Initiative kommt automatisch der Gegenvorschlag zum Zug.

Herr Katz, was würde die Annahme der Minder-Initiative für die Schweizer Börse SIX Swiss Exchange bedeuten? Christian Katz: Die Idee der Initiative ist gut, die Umsetzung aber leider ein Fehlgriff. Das grosse Problem der Minder-Initiative ist, dass sie nur auf die knapp 300 kotierten Unternehmen abzielt. Es gibt aber über 300‘000 Unternehmen in der Schweiz, davon sind rund 190‘000 Aktiengesellschaften. Bei Annahme der Initiative hätten kleine kotierte Unternehmen einen Anreiz, sich dekotieren zu lassen und in die Intransparenz von Private Equity zurückzufallen. Grosse kotierte Unternehmen würden sich weniger in der Schweiz ansiedeln und die Anzahl der Neukotierungen, sogenannte IPOs, würde mit Sicherheit zurückgehen. Dies würde sich negativ auf den Geschäftserfolg des Geschäftsbereichs Swiss Exchange und somit von SIX als Unternehmen auswirken.

Was meinen Sie mit Private-Equity-Intransparenz? Kotierte Unternehmen müssen höhere Transparenzanforderungen erfüllen als nicht-kotierte Unternehmen. Sie haben daher eine bessere Corporate Governance. Von jedem kotierten Unternehmen kann man sämtliche Informationen über das Unternehmen, darunter auch den erzielten Gewinn, abrufen. Von einer privat gehaltenen Firma weiss man in der Regel weder, wie viel Gewinn sie erzielt, noch erfährt man entscheidende Details wie die Vergütung des Managements.

Vermag die Initiative ihrer Ansicht nach Gehälter und Boni wirksam zu beschränken?  Nein, denn sie bezieht sich nur Schweizer Aktiengesellschaften, die im In- und Ausland kotiert sind. Wie bereits erwähnt sind das knapp 300 von insgesamt über 300‘000 Unternehmen in der Schweiz. Wir reden von rund einem Tausendstel der Unternehmen. Dies bedeutet, dass alle nicht-kotierten Unternehmen von der beabsichtigten Verbesserung der Corporate Governance ausgeschlossen sind. Das macht keinen Sinn und ist sogar gefährlich.

Wie beurteilen Sie den indirekten Gegenvorschlag von Bundesrat und Parlament? Der indirekte Gegenvorschlag nimmt rund 80 Prozent der Kernanliegen der Minder-Initiative auf. Im Vergütungsbereich bewirkt er ebenfalls strengere Auflagen für die kotierten Firmen. Aber es gibt drei grosse Unterschiede: Der Gegenvorschlag macht weniger starre Vorschriften als die Initiative, setzt aber der unternehmerischen Freiheit auch klare Grenzen. Zweitens droht er dem Management nicht mit Gefängnisstrafen sondern mit Bussen. Und dann schliesst der indirekte Gegenvorschlag auch die nicht-kotierten Firmen bei den generellen Verbesserungen der Corporate Governance ein. Durch diesen Einschluss aller Unternehmen in der Schweiz garantiert er ein faires Spielfeld, auf dem die gleichen Konditionen für alle Spieler herrschen.

Das Thema Abzockerei bewegt die Öffentlichkeit. Wie schätzen Sie die Chancen für eine Annahme der Minder-Initiative ein? Ich denke, dass die Initiative reelle Chancen hat, da in der Gesellschaft berechtigterweise eine gewisse Frustration gegenüber exzessiven Löhnen spürbar ist. Ich habe Verständnis für diese Frustration und finde, dass das Regelwerk zwischen Stakeholdern und den Unternehmen, im Speziellen die Corporate Governance, verbessert werden muss. Die Minder-Initiative ist aber, wie schon gesagt, aus meiner Sicht der falsche Weg dazu. Minder zielt nur auf einen Tausendstel der potenziell betroffenen Unternehmen. Wenn schon, dann muss man die Corporate Governance breit angelegt verbessern. Der indirekte Gegenvorschlag nimmt dieses Anliegen im Rahmen auf, indem er weitere Bestimmungen zum Beispiel zur Generalversammlung oder den Wahlen des Verwaltungsrates aufnimmt. Zudem ist er in den Vergütungsbestimmungen nicht so rigid wie die Initiative. Hier muss Aufklärung betrieben werden, damit die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger sich in dieser schwierigen Materie zurechtfinden und sich ihre Meinung bilden können.

Werden Sie sich im Abstimmungskampf engagieren? Ja, das werden wir sicher tun, denn die Initiative betrifft ganz direkt das Geschäft der Schweizer Börse SIX Swiss Exchange, das Unternehmen SIX sowie den Finanz- und Werkplatz Schweiz. SIX wird sich im Rahmen der Nein-Kampagne engagieren und dies auch öffentlich in den Medien vertreten.

 

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