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Payoff Roundtable: Aktuelle Markttrends und erfolgreiche Anlagestrategien Freitag, 26. Oktober 2012 - 10:37

Roundtable: Aktuelle Markttrends und erfolgreiche Anlagestrategien

Mit Hilfe von Strukturierten Produkten kann auch in volatilen Börsenphasen gutes Geld verdient werden. Führende Investmentexperten diskutieren über die aktuellen Markttrends, sinnvolle Strategien und mögliche Risikofaktoren. Was Anleger jetzt wissen sollten.

von Martin Raab

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Sehr geehrte Herren, es verbleiben noch rund 60 Handelstage bis zum Jahresende. Wie lautet Ihr persönliches Markt-Fazit bis dato?

Willi Bucher: Ein «Wechselbad der Gefühle» umschreibt mein Fazit sehr treffend. Unglaublich, wie schnell die Investoren und der Markt zwischen «Risk on» und «Risk off» Modus wechselten. Die Schuldenkrise hat aufgezeigt, dass strukturelle Anpassungen viel Zeit sowie Geduld brauchen, und auch weiterhin viel Geduld in der Zukunft fordern werden.

Georg von Wattenwyl: Primär hielt die europäische Schuldenkrise die Anleger in Atem. Gerade in solchen Zeiten können Strukturierte Produkte – richtig eingesetzt – ihren Mehrwert voll ausspielen. Nachfrage-seitig war ein Rückgang festzustellen, aber im Branchenvergleich dürfen wir zufrieden sein.

Jan Schoch: Am Ende sieht das Börsenjahr gar nicht so schlecht aus. Trotz turbulentem Finanzmarkt konnten sich die Aktienmärkte in den letzten Monaten sehr positiv entwickeln. Die Anleger, mit denen wir sprachen, sind daher mit den erzielten Renditen zufrieden.

Patrick Stettler: Wir sehen, dass auf Grund des ereignisreichen Jahres noch immer viele Anleger an der Seitenlinie abwarten. Mit der jüngsten Stimmungsaufhellung im Markt fassen jedoch mehr und mehr Anleger Zuversicht – eine Euphorie ist aber noch nicht zu spüren, was ich persönlich als gesunde Entwicklung empfinde.

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Patrick Stettlerhat Informatik studiert, bevor er 1994 seine berufliche Karriere beim Schweizerischen Bankverein im Derivathandel begann und später einen Teil des Marketmakings in Zürich leitete. 2001 wechselte er zur Bank Leu als Leiter Derivathandel. Nach einem MBA Studium baute Patrick Stettler von 2004 bis 2006 für HBM Partners in Zürich eine Plattform für Alternative Anlagen auf. Ab Januar 2007 betreute der Familienvater bei der UBS in Zürich institutionelle Kunden im Bereich Derivate und leitet seit 2011 den öffentlichen Vertrieb von Strukturierten Produkten in der Schweiz.

Welchen konkreten Mehrwert bringen Strukturierte Produkte für Anleger gerade im aktuellen Marktumfeld?

Jan Schoch: Der entscheidende Vorteil ist ja gerade, dass Anleger, die heute generell mehr und mehr massgeschneiderte Finanzinstrumente nachfragen, mit Strukturierten Produkten ganz nach ihrem Gusto auch in seitwärts tendierenden bzw. leicht fallenden Märkten eine positive Rendite erzielen können.

Georg von Wattenwyl: Gerade jetzt lohnt es sich, einen Blick über den Tellerrand zu wagen, und nach Alternativen zu Direktinvestments Ausschau zu halten. Die Möglichkeit eine Anlage, entsprechend dem Risikoappetit in das geeignete Chancen-/Risikoverhältnis zu strukturieren, ist ein grosser Mehrwert in diesem Marktumfeld.

Patrick Stettler: Da kann ich Georg von Wattenwyl beipflichten. Wer der aktuellen Niedrigzinsfalle entkommen möchte und dabei bereit ist, ein begrenztes Aktienmarktrisiko in Kauf zu nehmen, kann dies beispielsweise mit relativ defensiv ausgestalteten Barrier Reverse Convertibles oder Discount-Zertifikaten in die Tat umsetzen.

Willi Bucher: Im gegenwärtigen Seitwärtsmarkt bzw. leicht steigenden Markt haben wiederum renditeoptimierte Produkte, insbesondere Barrier Reverse Convertibles, eine erfreuliche Entwicklung gezeigt. Ferner hat sich das Thema Dividenden einmal mehr bewährt. Für Investoren war und ist der Einstieg über diversifizierte Baskets eine gute Möglichkeit, um Mehrwert zu generieren.

Welche Basiswerte bzw. Anlageklassen versprechen jetzt das grösste Potenzial – und warum?

Patrick Stettler: Obwohl europäische Aktien nach den jüngsten Entscheiden aufatmen können, bevorzugen wir weiterhin Aktien aus den USA und den Emerging Markets. Dort sind die Bewertungen unverändert attraktiv und die Wachstumsperspektiven aussichtsreich. Auf der Zinsseite sind Investment Grade Corporate & EmMa-Bonds sowie US High Yield Bonds interessant. Und im Währungsbereich bevorzugen wir US-Dollar, Kanada-Dollar und das Britische Pfund gegenüber Schweizer Franken und Euro.

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Willi F. X. Bucherabsolvierte 1996 das Executive Programm am Swiss Finance Institute mit ergänzenden Ausbildungen in Chicago und Fontainbleau. Seine berufliche Laufbahn begann bei der Schweizerischen Bankgesellschaft, wo er verantwortlich für Aktienderivate Schweiz war. 1998 avancierte er bei der UBS zum Leiter Swiss Equities and Derivatives Salestrading. Von 2001 bis 2005 war er Leiter Equities Sales Trading und Co-Leiter Client Execution Services Switzerland. Im Jahr 2005 machte sich Bucher als Finance-Coach selbstständig. Seit 2008 leitet er bei der Bank Julius Bär den Bereich «Structured Products, Sales & Structuring».

Willi Bucher: Der Vergleich der Dividendenrenditen für den Gesamtmarkt mit den Renditen von BBB-gerateten Unternehmensanleihen zeigt, dass es derzeit einen Renditevorteil von Aktien gegenüber Anleihen gibt. Somit könnten dividendenstarke Aktien wieder vermehrt als Anlageklasse entdeckt werden.

Georg von Wattenwyl: Wir sind ebenfalls zuversichtlich für Basiswerte in Aktien, insbesondere von amerikanischen Banken und Firmen, welche von einer Erholung des amerikanischen Immobilienmarktes profitieren könnten. Weiter halten wir den Bereich Obligationen aus den Emerging Markets für vielversprechend. Gold als Basiswert in der Rohstoffklasse dürfte ebenfalls grosses Potenzial besitzen.

Jan Schoch: Wir stellen grosses Anlegerinteresse bei soliden, heimischen Blue Chip Unternehmen mit einem klaren Geschäftsmodel und einer guten Dividendenrendite fest. Des Weiteren werden der Technologiesektor (z.B. Cloud Computing) oder der Energiesektor (z.B. LNG, unkonventionelles Öl) derzeit nachgefragt.

Wo liegen die Risiken, kalt erwischt zu werden?

Jan Schoch: Die Gefahr besteht darin, dass es zu negativen Ereignissen kommt, die nicht vom Markt erwartet wurden, und sich daher auch nicht in den Modellen widerspiegeln. Die Insolvenz von Lehman und die darauffolgende Kettenreaktion war so ein Fall. Prinzipiell bin ich aber positiv gestimmt, dass wir in den letzten Jahren die nötigen Reformen eingeleitet haben, um solche Risiken zu minimieren.

Georg von Wattenwyl: Mit dem Risiko, dass eine Anlageidee nicht aufgeht, muss immer gerechnet werden. Wichtig ist, dass man sich bereits bei der Investition mit einem potenziellen Verlust auseinandersetzt und sich im Vorfeld überlegt, wie man diesen eindämmen kann.

Patrick Stettler: Das sehe ich ähnlich. An der Börse gibt es immer Unwägbarkeiten. Das haben die vergangenen Jahre eindrücklich gezeigt. Daher ist als erster und wichtigster Schritt sicherzustellen, dass die Vermögensallokation jederzeit auf die persönliche Situation zugeschnitten ist. Es ist bestimmt ratsam, dafür einen professionellen Berater beizuziehen. Erst danach sollten Anleger nach individuellen Opportunitäten Ausschau halten, von denen es fast immer welche gibt. Wer diesen Rat befolgt, minimiert das Risiko einer kalten Dusche.

Willi Bucher: Hauptrisiko ist natürlich, dass die Massnahmen der Zentralbanken nicht den gewünschten Einfluss auf die Wirtschaft haben. Das würde sicherlich rasch zu Enttäuschungen führen – genau so wie abnehmende Dynamik in den Wachstumsmärkten.

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Jan Schochschloss 2001 an der Universität St. Gallen mit dem Master in Finance und Capital Markets ab. Bereits während des Studiums arbeitete der Ostschweizer für die SWX sowie für J.P. Morgan in London und absolvierte bei Goldman Sachs in Zürich ein Intership. Danach durchlief er mehrere Stationen bei Goldman Sachs, wo er das Geschäft mit strukturierten Produkten in der Schweiz aufbaute. Er wechselte 2006 zu Lehman Brothers in Zürich, wo er als Head Equity, Commodity and Hybrid Derivatives arbeitete. 2007 war er Gründungspartner der EFG Financial Products. Seit 2009 ist Jan Schoch CEO von EFG Financial Products.

…und wie kann ich als Anleger potenzielle Risiken am besten minimieren/absichern?

Georg von Wattenwyl:  Da gibt es verschiedene Möglichkeiten: vom absoluten über den partiellen bis zum bedingten Kapitalschutz. Grundsätzlich beeinflusst eine Sicherung mittels Kapitalschutz die Gewinnchancen für den Anleger. Es gilt die Formel: Je mehr Schutz ich will, desto weniger Rendite kann ich erwarten.

Jan Schoch: Das Thema Emittentenrisiko beschäftigt weiterhin viele Anleger. Dieses Risiko kann man durch das Pfandbesicherungssystem COSI der Schweizer Börse minimieren. Eine Minimierung der Marktrisiken kann man durch den Erwerb von konservativen Produkten, wie z.B. Kapitalschutz-Zertifikaten oder Barrier Reverse Convertibles mit niedrigen Barrieren, erreichen.

Willi Bucher: Bei den tiefen Volativitätsniveaus sind Absicherungen über Puts eine sinnvolle Möglichkeit, falls man an deutlich tiefere Aktienmärkte glaubt. Geht der Investor jedoch von moderaten Ausschlägen nach unten aus, kommt der Barrier Reverse Convertible mit tiefen Barrieren zum Tragen – dies am besten auf Indizes

Patrick Stettler: Wie gesagt, die höchste Aufmerksamkeit gilt der strategischen Vermögensallokation, das heisst, der Aufteilung der Vermögenswerte auf Aktien, Obligationen, Barbestände etc. Ein Anleger muss auch bereit sein, allenfalls mit Verlust zu verkaufen, wenn die Anlagethese nicht mehr stimmt. Das ist eine häufig beobachtbare, psychologische Falle: das Festhalten an Verlusten.

Was ist Ihre Meinung zu dem Trend, Strukturierte Produkte ganz nach Anlegerwunsch mass zu schneidern?

Georg von Wattenwyl:  Unsere Vision ist es, dass eine Investition auf jeden Kundenwunsch bestmöglich zugeschnitten werden kann – und zwar am besten im direkten Gespräch zwischen dem Kundenberater und seinem Kunden. Ein hilfreiches Instrument bieten dabei Plattformen, die diesen Prozess unterstützen und gleichzeitig dem Kunden Verständnis und Kenntnisse über die Funktionsweisen der Produkte vermitteln. Denn so kann der Kunde selbst erkennen, welche Einflüsse die Veränderung eines Parameters auf das Risiko oder die Rendite eines Produkts hat.

Willi Bucher: Die Flexibilität von Strukturierten Produkten für jeden Marktsituation ein Instrument zu haben, ist der grosse Vorteil dieses Produktes. Der Kunde kann selber wählen. Sie können ja in auch ein Auto ab Stange  oder ein Auto mit vielen, individuell gewählten Extras kaufen.

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Georg von Wattenwyl, Leiter Financial Products Advisory & Distribution bei der Bank Vontobel AG, ist verantwortlich für die globale Beratung und den Vertrieb von Finanzprodukten. Parallel ist der Derivatexperte Vizepräsident des Schweizerischen Verbands für Strukturierte Produkte (SVS P) und dessen Gründungsmitglied. Georg von Wattenwyl begann seine Karriere bei der Credit Suisse, wo er u. a. als Fixed-Income-Spezialist tätig war. Der zweifache Familienvater ist Dipl. Bankfachexperte und Absolvent des Executive Programms der Swiss Banking School sowie der Insead in Fontainbleau und Singapur.

Jan Schoch: Die Fähigkeit, Strukturierte Produkte an die Anlegerwünsche anzupassen, ist einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren für Emittenten, und auch einer der Hauptgründe für das erfolgreiche Wachstum unseres Hauses in den letzten Jahren. Der Trend zur Masschneiderung von Strukturierten Produkten wird auch in Zukunft weiter anhalten, wobei sich jene Plattformen durchsetzen werden, die ausreichend flexibel und skalierbar sind.

Patrick Stettler: Tools zum Strukturieren von massgeschneiderten Lösungen, die das Portfolio gemäss individuellen Vorstellungen des Kunden ergänzen, sind sehr beliebt und werden weiter an Bedeutung zunehmen. Voraussetzung für den Erfolg ist unter anderem ein tiefer Mindestbetrag, damit Vermögensverwaltungskunden massgeschneiderte Produkte möglichst diversifiziert in ihren Portfolios einsetzen können.

Abschliessend: Wie lautet Ihre persönliche Anlagephilosophie in einem Satz?

Georg von Wattenwyl:  Ein gut strukturiertes Portfolio reduziert die Schwankungen im Depot, ohne dass auf viel Ertragspotenzial verzichtet werden muss.

Patrick Stettler: Beim Investieren verhält es sich wie im Sport: Nicht Zufall, sondern gute Planung und beharrlicher Einsatz führen zum Erfolg.

Willi Bucher: Hierzu ein Statement, welches ich kürzlich gelesen habe und das zum Nachdenken anregt: Glauben Sie wirklich daran, dass man dem Ozean befehlen kann, trotz Sturm und Wind ruhig zu bleiben – nur damit man darauf wie auf einem kleinen stillen See rudern kann?

Jan Schoch: Plan for the worst, hope for the best.