Der Bundesrat nimmt Kenntnis vom materiellen Abschluss der Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU Freitag, 20. Dezember 2024 - 16:15
Bern, 20.12.2024 - Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 20. Dezember 2024 mit Befriedigung Kenntnis genommen vom materiellen Abschluss der Verhandlungen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union. Er stellt fest, dass die Schweizer Delegation unter der Leitung von Chefunterhändler Patric Franzen die im Verhandlungsmandat festgesetzten Ziele erreicht hat. Der Bundesrat hat die betroffenen Departemente beauftragt, die für einen formellen Abschluss der Verhandlungen notwendigen Schritte vorzubereiten.
Der Bundesrat hat Kenntnis genommen vom erfolgreichen Abschluss der materiellen Gespräche zwischen den Chefunterhändlern der Schweiz und der Europäischen Union (EU). Er dankt dem ganzen Verhandlungsteam für seine wichtige Arbeit. Seit der Verabschiedung des Verhandlungsmandats durch den Bundesrat am 8. März 2024 wurden 197 Verhandlungssitzungen durchgeführt. Der materielle Abschluss der Verhandlungen ist ein wichtiger Schritt im Hinblick auf den formellen Abschluss der Verhandlungen, der im Frühling 2025 durch die Paraphierung der endgültigen Abkommenstexte durch die beiden Chefunterhändler erfolgen soll.
Bis dahin werden die Arbeiten mit der EU im Hinblick auf die rechtliche Bereinigung der Dokumente und seine Übersetzung weitergeführt. Parallel dazu werden die Gespräche mit den institutionellen Partnern (Kantone und Parlament) sowie den Sozial- und Wirtschaftspartnern auf innenpolitischer Ebene zu Ende geführt. Schliesslich werden die betroffenen eidgenössischen Departemente die gesetzgeberischen Arbeiten zur Umsetzung des Abkommens finalisieren.
Zweck der Verhandlungen
Der Bundesrat will den bilateralen Weg mit der EU stabilisieren und weiterentwickeln. In einer von geopolitischer Instabilität und globalen Krisen geprägten Welt sind stabile und vorhersehbare Beziehungen mit der EU – insbesondere mit unseren Nachbarländern – von strategischer Notwendigkeit. Der Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen, die wissenschaftliche Zusammenarbeit und die gemeinsame Bewältigung aktueller Herausforderungen sind unerlässlich, um die Sicherheit und den Wohlstand der Schweiz zu gewährleisten. Der bilaterale Weg trägt seit 25 Jahren massgeblich zum Erfolg der Schweiz bei. Es ist von entscheidender Bedeutung, diesen Weg auf der Grundlage spannungsfreier und rechtlich geklärter Beziehungen fortzusetzen.
Paketansatz
Nachdem der Bundesrat den Ansatz eines „Rahmenabkommens“ im Jahr 2021 verworfen hatte, entschied er sich dafür, den bilateralen Weg in seiner bisherigen Form beizubehalten. Dabei setzte er auf einen sektorbezogenen Ansatz für den Zugang zum Binnenmarkt der EU. Am 23. Februar 2022 legte er die Stossrichtung des Verhandlungspakets fest und entschied sich für einen vertikalen Ansatz mit dem Ziel, die institutionellen Fragen und die staatlichen Beihilfen ausgewogen in den verschiedenen sektoriellen Abkommen zu verankern. Gleichzeitig wollte der Bundesrat neue Abkommen in den Bereichen Strom, Lebensmittelsicherheit und Gesundheit abschliessen. Ausserdem strebte er Kooperationsabkommen auf dem Gebiet der Forschung und der Bildung an und erklärte sich bereit, im Rahmen des Verhandlungspakets eine Verstetigung des Schweizer Beitrags an die Kohäsion innerhalb der EU zu prüfen.
Sondierungsgespräche und Verhandlungsmandat
Die im März 2022 aufgenommenen Sondierungsgespräche mit der EU wurden Ende Oktober 2023 abgeschlossen. Die Ergebnisse wurden in einem technischen Dokument namens «Common Understanding» festgehalten. Dieses enthält die gemeinsamen Landungszonen, die die Delegationen der Schweiz und der EU in den einzelnen Bereichen des Pakets definiert hatten. Auf dieser Grundlage verabschiedete der Bundesrat am 15. Dezember 2023 ein provisorisches Verhandlungsmandat. Zudem beschloss er, die Gespräche mit den institutionellen Partnern sowie den Sozial- und Wirtschaftspartnern auf innenpolitischer Ebene in allen betroffenen Bereichen weiterzuführen. An seiner Sitzung vom 8. März 2024 verabschiedete der Bundesrat das endgültige Verhandlungsmandat, das die Ergebnisse der Konsultation der Aussenpolitischen Kommissionen (APK), der übrigen zuständigen Kommissionen des Parlaments, der Kantone sowie die Beiträge der Sozial- und Wirtschaftspartner berücksichtigte. Dabei wurden alle Dokumente zu den Verhandlungen, insbesondere das «Common Understanding» und das endgültige Verhandlungsmandat, veröffentlicht.
Verhandlungen
Die Verhandlungsziele wurden im Verhandlungsmandat detailliert definiert, das der Schweizer Delegation als Grundlage für die Verhandlungen mit der Europäischen Kommission diente. Parallel dazu wurden über 150 Konsultationen mit den Kantonen, den parlamentarischen Kommissionen sowie den Wirtschafts- und Sozialpartnern in der Schweiz durchgeführt. Die vom Bundesrat im September 2022 eingesetzte Projektorganisation koordinierte die Arbeiten. Der Bundesrat wurde regelmässig über den Stand der Arbeiten informiert, und mit der Europäischen Kommission wurden weiterhin hochrangige politische Kontakte gepflegt. Parallel dazu wurden die innenpolitischen Akteure regelmässig über die erzielten Fortschritte informiert.
Verhandlungsergebnisse
Der Bundesrat stellt fest, dass die im Verhandlungsmandat definierten Ziele in allen betroffenen Bereichen erreicht wurden. Die positiven Ergebnisse der Verhandlungen entsprechen den Interessen der Schweiz und ebnen den Weg für die nächsten Schritte im Hinblick auf die Umsetzung der Paketstrategie.
Die institutionellen Fragen werden direkt in die einzelnen Binnenmarktabkommen integriert, und die Regeln über die staatlichen Beihilfen gelten nur für drei spezifische Bereiche: Luftverkehr, Landverkehr und Strom.
Im Bereich der Personenfreizügigkeit wurde das Ziel erreicht: Ausrichtung der Zuwanderung weiterhin auf die Bedürfnisse der Wirtschaft, Begrenzung der Auswirkungen auf die Sozialsysteme dank wirksamer Massnahmen zur Bekämpfung von Missbräuchen und Achtung der Bundesverfassung im Bereich der strafrechtlichen Landesverweisung. Zudem konkretisierte die Schweiz die Einführung einer Schutzklausel für den Fall von unerwarteten Auswirkungen der Personenfreizügigkeit. Des Weiteren kann sie die Lohn- und Arbeitsbedingungen für entsandte Arbeitnehmende unter dauerhaftem Erhalt des derzeitigen Schutzniveaus gewährleisten.
Neben den Bereichen der Zuwanderung und dem Lohnschutz konnte die Schweiz in den Verhandlungen auch Ausnahmen zum Schutz ihrer wesentlichen Interessen in den Bereichen Landverkehr, Landwirtschaft und Strom erzielen. Der Service public ist schliesslich nicht betroffen.
Übergangsphase
Die Schweiz und die Europäische Kommission haben die Modalitäten ihrer Zusammenarbeit für den Zeitraum von Ende 2024 bis zum Inkrafttreten des Pakets festgelegt.
Die vollständige Aktivierung der Übergangsregelung in den Bereichen Forschung und Innovation ist per 1. Januar 2025 vorgesehen, um Schweizer Akteuren eine Teilnahme an den Ausschreibungen der Programme von Horizon Europe, Euratom und Digitales Europa zu ermöglichen.
Die Schweiz und die Kommission haben sich auch darauf geeinigt, bereits während der Übergangsphase für einen sicheren und reibungslosen Betrieb der Stromnetze zusammenzuarbeiten und gemeinsame Massnahmen zu treffen, um die Bevölkerung bei schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren zu schützen. Beim Landverkehr haben sie eine Verlängerung der Übergangsmassnahmen vereinbart, so dass sich die Schweiz auch nach 2025 an der Eisenbahnagentur der EU beteiligen kann.
Die Schweiz und die EU werden eng zusammenarbeiten, um das reibungslose Funktionieren der aktuellen Binnenmarktabkommen sicherzustellen. Sie werden sich insbesondere über die Umsetzung des Abkommens über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen (MRA) austauschen. Zudem wird der Dialog über die Finanzmarktregulierung, der am 4. Juli 2024 wieder aufgenommen wurde, fortgesetzt.
Gemäss ihrem Verhandlungsmandat hat sich die Schweiz verpflichtet, einen zusätzlichen Betrag zu zahlen, der den Umfang ihrer Zusammenarbeit mit der EU zwischen Ende 2024 und Ende 2029 im Bereich der Kohäsion widerspiegelt. Für die Übergangsphase von 2025 bis 2029 beläuft sich die finanzielle Verpflichtung auf jährlich 130 Millionen Franken. Dieser Betrag wird direkt für Programme und Projekte von Partnerländern der Schweiz in der EU verwendet. Er wird erst beim Inkrafttreten des Abkommenspakets fällig.
Schweizer Beitrag
Die Verhandlungen erlaubten eine Präzisierung des Mechanismus für die regelmässigen Kohäsionsbeiträge der Schweiz an die EU ab 2030. Die Beiträge sind ein wichtiger Bestandteil des bilateralen Wegs und werden wie bisher für die Finanzierung von gemeinsamen Projekten in den Partnerländern verwendet. Zudem tragen sie zur Bewältigung von gemeinsamen Herausforderungen wie der Migration bei. Für den Zeitraum 2030–2036 haben der Bundesrat und die EU einen jährlichen Betrag von 350 Millionen Franken vereinbart.
Zusammenarbeit mit Kantonen und anderen Partnern
Die Kantone werden als institutionelle Partner des Bundes gemäss Artikel 55 Absatz 3 der Bundesverfassung in geeigneter Weise in die internationalen Verhandlungen des Bundes einbezogen.
Seit Beginn der Sondierungsgespräche forderten sie eine enge Einbindung in dieses Dossier. Die Kantone nahmen auch an den verschiedenen Verhandlungssträngen teil. In ihrer Stellungnahme vom 24. März 2023 formulierten sie ihre Bedingungen für eine Zustimmung ihrerseits. Am 2. Februar 2024 verabschiedeten sie eine gemeinsame Stellungnahme zum Verhandlungsmandat. Gestützt auf die Verhandlungsergebnisse stellt der Bundesrat fest, dass die Anliegen der Kantone gebührend berücksichtigt wurden.
Der Bundesrat wurde zudem über den Stand der Diskussionen informiert, die mit den Kantonen, den Sozialpartnern, den Wirtschaftsakteuren und den relevanten Interessengruppen in den Schlüsselbereichen des Pakets über die interne Umsetzung und die flankierenden Massnahmen geführt wurden. Der Bundesrat dankt allen für die konstruktive Zusammenarbeit. Die zuständigen Departemente (WBF, EJPD, UVEK und EDA) wurden beauftragt, die Gespräche fortzuführen und den Bundesrat über ihre Schlussfolgerungen zu informieren.
Nächste Schritte
Die Zusammenarbeit mit der EU wird in Bezug auf die juristischen Aspekte und die Übersetzung der Texte weitergeführt. Ziel ist es, die Abkommen zu finalisieren und die Verhandlungen mit der Paraphierung des finalen Textes durch die beiden Chefunterhändler formell abzuschliessen. Mit dem materiellen Abschluss der Verhandlungen können das Gesetzespaket und die für die innenpolitische Umsetzung erforderlichen flankierenden Massnahmen ergänzt werden.
Das EDA wurde beauftragt, gemeinsam mit dem EDI, dem EJPD, dem EFD, dem WBF, dem UVEK und der Bundeskanzlei einen Botschaftsentwurf für das Gesamtpaket Schweiz–EU vorzubereiten. Die Botschaft wird das Abkommenspaket, die Anpassung der Schweizer Gesetzgebung sowie die flankierenden Massnahmen umfassen. Der Bundesrat wird darüber entscheiden müssen, ob er vor der Sommerpause 2025 eine ordentliche Vernehmlassung zum Botschaftsentwurf eröffnen will, bevor der Entwurf voraussichtlich Anfang 2026 dem Parlament unterbreitet wird.
Rechtsstruktur der Botschaft an das Parlament
Der Bundesrat bevorzugt einen Ansatz, der die Abkommen zur Stabilisierung des bilateralen Wegs (Anpassung bestehender Abkommen, staatliche Beihilferegeln, Teilnahme an EU-Programmen und Schweizer Beitrag) in einem Bundesbeschluss «Stabilisierung» umfasst. Die drei neuen Abkommen zur Weiterentwicklung des bilateralen Wegs werden in separaten Bundesbeschlüssen präsentiert. Einen definitiven Entscheid zur Struktur des Pakets und zur Art des Referendums wird der Bundesrat bei der Eröffnung der Vernehmlassung fällen. Der endgültige Entscheid bleibt jedoch bei den eidgenössischen Räten.
Adresse für Rückfragen
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Herausgeber
Der Bundesrat
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Generalsekretariat VBS
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Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen
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Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung
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Generalsekretariat EJPD
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Generalsekretariat UVEK
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